Zusätzliche Informationen über negative Auswirkungen der Sanktionen gegen belarusische Kalidüngemittel
05.09.2023 г.Zusätzliche Informationen über negative Auswirkungen der Sanktionen gegen belarusische Kalidüngemittel auf die weltweite Ernährungssicherheit. Zusätzlich zum Dokument der Generalversammlung der Vereinten Nationen A/77/978
Die UN-Statistiken zeigen, dass sich die Hungersituation in der Welt weiterhin verschlechtert.
Heute müssen mehr denn je gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, um alle Faktoren, die zur Ausbreitung des Hungers führen, baldmöglichst zu beseitigen.
Belarus hat immer wesentlichen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit geleistet. Belarusische landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel wurden in mehr als 100 Länder der Welt exportiert. Die rechtswidrige Sanktionspolitik der Länder des Westens gegenüber Belarus verursacht jedoch äusserst negative Auswirkungen auf die globale Ernährungssicherheit. Belarus hat auf verschiedenen Ebenen und Plattformen wiederholt darauf hingewiesen, dass solche einseitigen Zwangsmassnahmen der westlichen Länder die Ernährungsrisiken erhöhen.
Preisverfügbarkeit von Düngemitteln
Der Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) vom 3. Juli 2023[1] enthält Aufforderung «alle Anstrengungen zu unternehmen, um internationale Märkte und den Handel mit Lebens- und Düngemitteln offen zu halten. Es ist notwendig, die Lieferketten … und alle Logistik- und Marketingsysteme funktionsfähig zu erhalten». Das Dokument enthält die Schlussfolgerung, dass ungeachtet sinkender Preise «die Preisverfügbarkeit von Düngemitteln immer noch ein ernstes Problem darstellt, insbesondere in den Ländern mit niedrigem Einkommen wie z.B. in Afrika südlich der Sahara, was sich auch auf die Lieferungs- und Logistikkosten auswirkt».
Die gleiche Schlussfolgerung enthält der Artikel des Internationalen Forschungsinstituts für Lebensmittelpolitik (IFPRI) vom 9. März 2023[2]. Im Artikel wird darauf hingewiesen, dass die Düngemittel ungeachtet der in den Jahren 2022 und 2023 gesunkenen internationalen Preise «in vielen afrikanischen Ländern aufgrund der unverändert hohen Inflation der inländischen Preise nicht verfügbar waren. Auch ohne Preisdruck sind die Preise für Düngemittel in Afrika tendenziell höher als im Rest der Welt angesichts der immer noch beträchtlichen Verkehrsinfrastruktur und der regulatorischen Engpässe».
Zur zusätzlichen Bestätigung dieser Schlussfolgerung wurde die Diskussion während des UN-Gipfels über Ernährungssysteme (The UN Food Systems Summit +2 Stocktaking Moment), der am 24.-26. Juli 2023 auf der FAO-Plattform stattfand. Während der Sonderveranstaltung «Düngemittel: Deckung kurzfristiger Bedürfnisse und Arbeit an nachhaltigen Lösungen» bestätigten afrikanische Länder die hohen Düngemittelpreise in der Region, die nach ihrer Überzeugung den Zugang der Landwirte zu den Düngemitteln erheblich beschränken. Es wurde auch über Millionen von Hungernden in der Region berichtet. Dabei haben EU-Vertreter die einseitigen Zwangsmassnahmen mit Bezug auf Lebens- und Düngemittel und ihre Auswirkungen auf den weltweiten Hunger nicht bestreitet, sondern haben aufgerufen, andere Wege für Steigerung der globalen Nahrungsmittelproduktion (innovative Technologien, gesunde Ernährung usw.) zu nutzen.
Die Preise für Kalidünger auf dem europäischen Markt blieben im Jahr 2022 für lange Zeit extrem hoch und ihre Verfügbarkeit für Landwirte entsprechend eingeschränkt. Sie überschritten deutlich die historischen Werte für diese Region und hinkten den ungefähr im Juli 2022 begonnenen Preissenkungen auf anderen Weltmärkten hinterher.
Nach Angaben der Agentur Argus erreichte der Preis für granuliertes Kaliumchlorid in Europa im April 2022 950 Euro pro Tonne und lag im Zeitraum bis Ende 2022 konstant bei über 800 Euro pro Tonne. Im Juni 2023 ist er auf 440 Euro pro Tonne gesunken, war aber immer noch viel höher als im Juni 2021 – 215 Euro pro Tonne. Gleichzeitig begannen die Preise für Kaliumchlorid in Brasilien (der Preishöchststand im April 2022 betrug 1023 US-Dollar pro Tonne) bereits im Juli 2022 aktiv zu sinken (975 US-Dollar pro Tonne) und fielen bis Ende 2022 auf 530 US-Dollar.
Das bedeutet, dass die Preise für Kalidünger im Jahr 2023 höher als im Jahr 2021 (vor der Einführung restriktiver Massnahmen gegen belarusische Kalidünger) waren. Aus diesem Grund und ungeachtet etlicher Preissenkungen ist die Verfügbarkeit der Düngemittel für Landwirte, insbesondere in afrikanischen Ländern, immer noch erschwert.
Anteil von Belarus auf den Märkten für Kalidünger in Afrika
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 1,8 Millionen Tonnen Kalidünger nach Afrika exportiert, einschliesslich 683 Tausend Tonnen aus Belarus (38% des gesamten physischen Exportvolumens). In einigen Ländern Afrikas (Sambia, Sierra Leone, Gabun, Tschad, Madagaskar) war der belarusische Kalidüngerhersteller „Belarusian Potash Company“ (BPC) der einzige Lieferant dieses Produkts, in anderen Ländern (Kamerun, Simbabwe, Tansania) betrug der Marktanteil von BPC mehr als 90%.
Analyse der Zollstatistik der afrikanischen Länder zeugt von einem deutlichen Rückgang der Kaliumchloridimporte nach dem Jahr 2021. Marokko hat z.B. in den 5 Monaten des Jahres 2022 und des Jahres 2023 55,4 bzw. 52,3 Tsd. Tonnen Kaliumchlorid importiert. Im gleichen Zeitraum des Jahres 2021 wurden 206,6 Tsd. Tonnen Kaliumchlorid importiert. Dieser signifikante Importrückgang wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den Ausstieg von BPC als Kaliumchlorid-Lieferanten verursacht.
Von den 1,8 Millionen Tonnen Kalidünger, die im Jahr 2021 nach Afrika geliefert wurden, wurden insgesamt nur 218 Tsd. Tonnen – nicht mehr als 12% – aus den EU-Ländern (Deutschland, Spanien, Grossbritannien) und aus Israel exportiert. Dabei betrugen die Lieferungen aus Belarus 38%, Jordanien — 20%, Russland — 20%, Chile — 6% und Kanada — 5%.
Bedeutung der Kalidünger für die Landwirtschaft
Die Ernteerträge werden stark von den Düngemittellieferungen und der Preisverfügbarkeit der Dünger beeinflusst.
Im Bericht der Weltbank[3] wird darauf hingewiesen, dass „landwirtschaftliche Kulturen von Düngemitteln direkt abhängig sind“. Kalium hat einen direkten Einfluss auf die Produktivität (Ernteertrag) von landwirtschaftlichen Anbauprodukten[4]. Mangel an Kalium verursacht die Reduzierung des Pflanzenwachstums und des Ernteertrages. Wie im IFPRI-Artikel vom 9. März 2023 betont wird, können mögliche Auswirkungen der Senkung der Kaliumaufnahme auf die Ernte und die Gesundheit des Bodens über mehrere Jahre hinweg in Erscheinung treten.
Gerade Kalium als Nährelement erhöht die Resistenz von Pflanzen gegen verschiedene Belastungen, einschliesslich der klimatischen: Trockenheit, hohe Temperaturen, Frost, Überfeuchtung, durch Schädlinge und Krankheiten verursachte Auswirkungen, hoher Salzgehalt des Bodens[5].
Wie in einem EU-Dokument festgestellt wird, ist Kalium einer der drei wichtigsten Mikronährstoffe, die für das Pflanzenwachstum notwendig sind. Dabei gibt es derzeit keine wirtschaftlich effizienten Ersatzstoffe für Kalium[6].
Die maximale Ernte von landwirtschaftlichen Anbauprodukten kann nur bei der ausbalancieren Anwendung von Stickstoff-, Phosphor- und Kaliumdüngern in wissenschaftlich fundierten Dosen erreicht werden. Der Ausschluss von mindestens einem dieser drei Hauptelemente aus dem Düngungssystem führt zu geringeren Ernteerträgen und hat somit negative Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion und die Ernährungssicherheit.
Der aktuelle Mangel an den Kalidüngern auf den Weltmärkten verringert die Ernteerträge, was zum starken Anstieg der Lebensmittelpreise führen kann.
In den Sanktionsdokumenten der Europäischen Union wird darauf hingewiesen, dass die EU versucht, negative Auswirkungen der Sanktionen auf Ernährungssicherheit zu verhindern. Zu diesem Zweck wurden Quoten für die Lieferungen vom russischen Kalium in die EU festgelegt und es wurde offiziell erläutert, dass die Kaliumlieferungen in Drittländer, einschliesslich der Durchfuhr durch die EU, nicht behindert werden sollen[7].
Allerdings sehen die im Jahr 2021 verhängten EU-Sanktionsmassnahmen gegen belarusisches Kalium keine Ausnahmen vor, was sich direkt auf den weltweiten Handel mit den Kalidüngern auswirkt.
Der Hohe Vertreter der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell räumte ein, dass „die gegen Belarus vor dem Krieg verhängten Sanktionen auf den Export von Kalidünger die weltweite Verbreitung dieses Produkts beeinflussen können“ und dass der EU „Besorgnisse einiger afrikanischer Staatsführer bezüglich der Auswirkungen der [EU]-Sanktionen“ bekannt sind[8].
Wachstumsmöglichkeiten für den weltweiten Kalidüngermarkt
Laut Statistiken des Internationalen Düngemittelverbandes (IFA) betrug die weltweite Kalidüngerproduktion im Jahr 2022 60,7 Millionen Tonnen und ist im Vergleich zum Jahr 2021 um 12,4 Millionen Tonnen bzw. um 17 Prozent zurückgegangen. In einer Prognose vom Juni 2023 schätzt IFA die Wachstumsmöglichkeiten im Bereich der weltweiten Kalidüngerproduktion in den Jahren 2023 bis 2027 um 16,9% gegenüber dem Niveau des Jahres 2022 ein. Die Erhöhung der Kaliumproduktionskapazitäten um 11,2% wird erwartet.
Nach Angaben des Staatlichen Geologischen Dienstes der Vereinigten Staaten (U.S. Geological Survey /USGS/ Mineral Commodity Summaries) wird der grösste Teil des Wachstums auf neue Bergwerke und Projekte in Belarus, Kanada und Russland zurückzuführen sein. Neue Minen werden in Australien und Eritrea erschlossen. Der Polyhalit (Rohstoff für die Düngemittelproduktion) — Minenprojekt in Grossbritannien wird ebenfalls zur Kapazitätssteigerung beitragen. Neue Minen in Brasilien, Kanada, Äthiopien, Marokko, Spanien und den USA sollen erst im Jahr 2025 in Betrieb genommen werden.
Diese Fakten führen zum Schluss, dass es keine Möglichkeit besteht, das belarusische Kalium, das aufgrund restriktiver Massnahmen jetzt nicht auf dem Markt vertreten ist, in den Jahren 2023 und 2024 zu kompensieren.
Belarus fordert auf, die Anwendung einseitiger Zwangsmassnahmen gegen das belarusische Kalium aufzuheben. Sie beeinträchtigen die globale Ernährungssicherheit und widersprechen den internationalen Verpflichtungen, auch im Rahmen der Umsetzung der Agenda 2030, den Bestimmungen der UN-Charta und der entsprechenden Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen.
[1] https://www.fao.org/3/cc6797en/cc6797en.pdf
[2] https://www.ifpri.org/blog/russia-ukraine-war-after-year-impacts-fertilizer-production-prices-and-trade-flows
[3] https://thedocs.worldbank.org/en/doc/40ebbf38f5a6b68bfc11e5273e1405d4-0090012022/related/Food-Security-Update-LXXXIX-July-13-2023.pdf
[4] https://www.mdpi.com/2073-4395/8/3/31, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3645691/, https://www.cropnutrition.com/resource-library/nitrogen-and-potassium-work-together-for-higher-yields/, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18331406/, https://www.ipipotash.org/uploads/udocs/potash_facts.pdf
[5] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3645691/, https://naldc.nal.usda.gov/download/IND23337733/PDF
[6] https://rmis.jrc.ec.europa.eu/uploads/rmprofiles/Potash.pdf
[7] https://finance.ec.europa.eu/system/files/2023-07/faqs-sanctions-russia-listed-goods_en_0.pdf
[8] https://newsroom.consilium.europa.eu/events/20220620-foreign-affairs-council-june-2022/135699-1-press-conference-part-1-20220620