Über die negativen Auswirkungen der Sanktionen gegen belarussische Kalidüngemittel auf die weltweite Ernährungssicherheit
12.07.2023 г.Non paper
Die Republik Belarus hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Sanktionen gegen belarussische Kalidüngemittel, einschliesslich des rechtswidrigen Verbots des Transits von belarussischem Kali durch Litauen, eine Gefahr des Welthungers darstellen und die globale Ernährungssicherheit bedrohen. Die belarussischen Aide-Memoires zu diesem Thema wurden als offizielle Dokumente der Generalversammlung der Vereinten Nationen veröffentlicht (A/76/513, A/76/677, A/77/809).
Litauen behauptet jedoch weiterhin, dass der Beitrag von Belarus zur weltweiten Ernährungssicherheit angeblich bedeutungslos sei, obwohl der Anteil von Belarus am weltweiten Kalidüngerhandel bis 2022 bei 20% lag.
Die Verknappung von Kalidüngemitteln infolge der restriktiven Massnahmen gegen belarussisches Kali hat zu einem Mangel an Kalidüngemitteln auf den Weltmärkten und zu höheren Preisen geführt, was wiederum einen Rückgang ihres Verbrauchs, niedrigere Ernteerträge und höhere Lebensmittelpreise zur Folge hatte. Die Situation in den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt ist besonders gefährlich und könnte zu einer großen Hungersnot führen.
Folgende Aussagen stammen von angesehenen internationalen Organisationen und Agenturen.
1. In den am 13. April 2022 und am 8. Juni 2022 veröffentlichten Lageberichten der Task Force des UN-Generalsekretärs António Guterres zur globalen Krisenbewältigung in den Bereichen Ernährung, Energie und Finanzen wird festgestellt, dass Belarus und die Russische Föderation zusammen etwa ein Fünftel der weltweiten Düngemittel exportieren. Der Verlust von Düngerlieferungen aus der Russischen Föderation und Belarus hat dazu geführt, dass die Düngemittelpreise schneller gestiegen sind als die Lebensmittelpreise. Viele Landwirte, insbesondere Kleinbauern, sind gezwungen, ihre Produktion einzuschränken, da die von ihnen benötigten Düngemittel teurer werden als das Getreide, das sie verkaufen. Aufgrund dieses zentralen Düngemittelproblems wird die weltweite Nahrungsmittelproduktion im Jahr 2023 möglicherweise nicht in der Lage sein, die wachsende Nachfrage zu decken. Dabei hängt jeder zweite Mensch weltweit von landwirtschaftlichen Erzeugnissen ab, für die Dünger verwendet wird.
2. Gemeinsame Schlussfolgerungen und Empfehlungen der FAO und der WTO an die G20-Länder zum Thema „Globale Düngemittelmärkte und Politik“ vom 14. November 2022 [1]:
- die weltweiten Düngemittelpreise sind erheblich gestiegen;
-der Preisanstieg wird durch einen Rückgang des weltweiten Düngemittelangebots verstärkt. Die Ausfuhren von Kalidüngemitteln aus Belarus sind von 3,62 Millionen Tonnen im ersten Quartal 2021 auf 1,95 Millionen Tonnen im ersten Quartal 2022 stark zurückgegangen. Die Einfuhrstatistiken der letzten Monate zeigen, dass sich der Rückgang der Lieferungen aus Belarus beschleunigt hat;
- auf Afrika entfallen nur 3% bis 4% des weltweiten Düngemittelverbrauchs, wobei etwa 50% des gelieferten Düngers für den Anbau der für Afrika wichtigen Nutzpflanzen bestimmt sind. Der Rückgang des Düngerverbrauchs wird daher schwerwiegende Folgen haben und unter anderem die Ernährungssicherheit einiger landwirtschaftlicher Gemeinschaften untergraben;
- es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um den internationalen Handel mit Düngemitteln offen zu halten, damit die inländische und weltweite Nachfrage gedeckt werden kann.
3. Artikel des International Food Policy Research Institute (IFPRI) vom 9. November 2022 [2]:
- die belarussischen Kaliexporte sind aufgrund der Sanktionen von 9,1 Millionen Tonnen (1. Dezember 2021) auf 3,9 Millionen Tonnen (1. Dezember 2022) zurückgegangen;
- Importeure von Kalidüngemitteln könnten sich aufgrund der zusätzlichen Kosten und Risiken, die bei Geschäften mit sanktionierten Ländern anfallen, weigern, in Russland und Belarus zu kaufen.
4. Artikel der Weltbank vom 5. Januar 2023 [3]:
- die Weltmarktpreise für Kalidünger lagen am 1. Dezember 2022 bei 562 USD pro Tonne, verglichen mit 221 USD pro Tonne am 1. Januar 2022;
- die Ausfuhren von Kalidüngemitteln aus Belarus gingen um mehr als 50% zurück, weil die Nutzung des EU-Territoriums für den Transit eingeschränkt wurde. Insbesondere hat Litauen die Nutzung seines Eisenbahnnetzes für den Transport von belarussischem Kali zum Hafen Klaipeda eingestellt, über den normalerweise 90% der belarussischen Ausfuhren abgewickelt wurden.
5. Empfehlungen des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte zum dritten Bericht Litauens an diesen Ausschuss vom 3. März 2023 [4]:
— der Ausschuss ist nach wie vor besorgt über die jüngsten Massnahmen des Vertragsstaates, die den Transport von Kali aus Belarus, das für Drittländer in Afrika und Lateinamerika bestimmt ist, verhindert haben, was zu einer Verknappung von Düngemitteln führte und die Ernährungssicherheit in diesen Ländern negativ beeinflusste;
— der Ausschuss empfiehlt dem Vertragsstaat, diese jüngsten Massnahmen, die sich auf die Düngemittelpreise und die Ernährungssicherheit in Drittländern auswirken, zu überprüfen.
Diese Auflistung ist keineswegs vollständig.
Im Jahr 2021 entfielen auf Belarus und Russland fast zu gleichen Teilen mehr als 40% der Kalilieferungen, während Kanada 35,9% und die USA 5,8% abdeckten.
Der Anteil von Belarus am weltweiten Kalihandel ging 2022 auf etwa 9% zurück. Der Anteil Russlands sank auf 16,4%. Infolge des Rückgangs der Mengen aus Belarus und Russland kam es gleichzeitig zu einem Anstieg der Preise für Kalidünger.
Die gegen die belarussische Kaliindustrie verhängten Sanktionen waren somit einer der Hauptgründe für einen erheblichen Anstieg der Düngemittelpreise im Jahr 2022, der zu einem starken Preisanstieg für fertige Lebensmittel führte.
So erreichte beispielsweise der Preis für Kaliumchlorid in Brasilien im Jahr 2022 einen historischen Höchststand von 1.200 US-Dollar pro Tonne. Die Folgen dieses Schocks waren für die internationalen Abnehmer brasilianischer Agrarerzeugnisse lange Zeit spürbar, als sich der Preis für bestimmte Arten von Lebensmittelfertigprodukten bis zum Fünffachen erhöhte.
Der Weltbankprognose vom April zufolge wird der Weltmarktpreis für Kalidüngemittel im Durchschnitt auf 475 USD pro Tonne im Jahr 2023 und 425 USD pro Tonne im Jahr 2024 zurückgehen. Allerdings werden die Preise für Kalidüngemittel in den Jahren 2023 und 2024 höher sein als im Jahr 2021 (in dem die restriktiven Massnahmen gegen belarussisches Kali verhängt wurden).
Es sei daran erinnert, dass der Weltbank zufolge die Weltmarktpreise für Kalidünger am 1. Januar 2022 bei 221 USD pro Tonne lagen. Trotz eines leichten Preisrückgangs ist die Erschwinglichkeit für die Landwirte nach wie vor gering.
Schwächere Länder sind von den Sanktionen am stärksten betroffen.
Der Anteil von Belarus an den afrikanischen Kalidüngermärkten sank von 41,7% auf 2,8% im Jahr 2022. Während Belarus im Jahr 2021 rund 632 Tsd. Tonnen Kali in 30 Länder des afrikanischen Kontinents lieferte, waren es 2022 rund 30 Tsd. Tonnen in sechs Länder. Solche Länder wie Sambia, Simbabwe, Kamerun, Kenia, Reunion und Tansania wurden ausschliesslich mit belarussischen Düngemitteln beliefert. Eine Reihe von Ländern, darunter Gabun, Elfenbeinküste, Madagaskar, Malawi, Senegal und Sierra Leone, deckten 50 % ihres Düngerbedarfs mit belarussischem Kali.
Nach unseren Berechnungen auf der Grundlage von FAO-Daten führte der fast vollständige Wegfall von Belarus von der Liste der Kalilieferanten im Jahr 2022 zu einem Rückgang der afrikanischen Getreideerträge um 16,1%.
Im Jahr 2023 werden die Lieferungen nach Afrika aufgrund der Massnahmen Litauens vollständig zum Erliegen kommen.
Die unter den Akteuren des Kalimarktes und den damit verbundenen Branchen weit verbreitete Unsicherheit in Bezug auf die Kalidüngerlieferungen aus Belarus birgt das Risiko verheerender Folgen für die landwirtschaftlichen Versorgungsketten und die Ernährungssicherheit in der ganzen Welt.
Die Kaliknappheit auf dem internationalen Markt kann nicht kurzfristig behoben werden: Es ist schwierig, die derzeitige Produktion der bestehenden Produzenten schnell zu steigern, und der Eintritt “neuer Akteure” ist mit erheblichen finanziellen und zeitlichen Kosten verbunden. Der Bau eines neuen Bergwerks dauert mindestens 5-7 Jahre von der Beschlussfassung bis zur ersten produzierten Tonne.
Wenn also die derzeitige Lebensmittelkrise mit dem mangelnden Zugang zu Düngemitteln zusammenhängt, kann sie in den kommenden Jahren mit einem Mangel an Lebensmitteln verbunden sein. Dies hat der UN-Generalsekretär Guterres wiederholt erklärt.
Es ist zu bedenken, dass die Weltbevölkerung voraussichtlich weiter wachsen wird. Nach Angaben von UN-Experten wird die Weltbevölkerung in den nächsten 30 Jahren um fast 2 Milliarden Menschen zunehmen – von derzeit 8 Milliarden auf 9,7 Milliarden im Jahr 2050, und Mitte der 2080er Jahre könnte sie einen Höchststand von fast 10,4 Milliarden Menschen erreichen.
Mit dem Wachstum der Weltbevölkerung wird der Kaliverbrauch aufgrund der schrumpfenden und verarmten Anbauflächen und des steigenden verfügbaren Einkommens in den Entwicklungsländern weiter zunehmen. Dies wird zu einem Defizit bei der weltweiten Versorgung mit Kalidüngemitteln führen.
Belarus hat schon immer einen bedeutenden Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherheit geleistet, aber illegale einseitige Zwangsmassnahmen gegen das Land treiben die Menschen in gefährdeten Ländern an den Rand einer Hungersnot und führen zu Ernährungsunsicherheit in den Ländern, die solche Massnahmen einleiten.
Belarus fordert erneut dazu auf, das Potenzial der Vereinten Nationen in Bezug auf Litauen zu nutzen, damit dieses Land die politischen Manipulationen und den Missbrauch seiner Transitposition aufgibt und zur Erfüllung seiner internationalen Verpflichtungen zurückkehrt.
Wir verlangen die Absage an einseitige Zwangsmassnahmen, die nicht nur gegen internationale Verpflichtungen, auch im Rahmen der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, verstossen, sondern auch den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen und den einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung zuwiderlaufen.
1 https://www.wto.org/english/news_e/news22_e/igo_14nov22_e.pdf.
2 https://www.ifpri.org/blog/how-sanctions-russia-and-belarus-are-impacting-exports-agricultural-products-and-fertilizer